Aufbau und Betrieb eines Batteriespeichers zur Erbringung von Primärregelleistung
Kurzbeschreibung
Die Schweriner WEMAG AG ist ein bundesweit aktiver Energieversorger mit Stromnetzbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Zusammen mit der WEMAG Netz GmbH ist sie für ca. 15.000 Kilometer Stromleitungen verantwortlich, vom Ortskabel bis zur Überlandleitung.
Im Zuge der Energiewende in Deutschland entwickelt sich die installierte Kraftwerksleistung von einer dargebotsunabhängigen (konventionellen) Stromerzeugung in Richtung einer dargebotsabhängigen (erneuerbaren) Stromerzeugung. Ausgehend von dieser Entwicklung wird das Stromnetz mit zahlreichen neuen Herausforderungen konfrontiert. Unter anderem besteht ein steigender Bedarf an Kraftwerken, die im Stromnetz auftretende Volatilität ausgleichen können. Darüber hinaus stellen die konventionellen Kraftwerke aber aktuell auch einen großen Anteil der benötigten Systemdienstleistungen (SDL) bereit, z.B. Primärregelleistung zur Stabilisierung der Netzfrequenz. Mit der Abschaltung konventioneller Kraftwerke ist deshalb auch eine Verringerung des Angebots an SDL verbunden, die dann anderweitig erbracht werden müssen, z.B. durch Batteriespeicherkraftwerke (BSKW).
BSKW können innerhalb von Millisekunden auf Frequenzänderungen reagieren und sind insbesondere sehr gut dafür geeignet, Regelenergie ohne den Bedarf an konventionellen Must-Run-Kapazitäten bereitzustellen, da diese 100 Prozent ihrer Leistung symmetrisch in beiden Richtungen (negativ und positiv) für die Erbringung von Regelleistung einsetzen können. BSKW können daher dazu beitragen, den Anteil konventioneller Must-Run-Kapazitäten zu reduzieren und damit den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromproduktion zu erhöhen.
Das Projekt „Aufbau und Betrieb eines Batteriekraftwerks zur Erbringung von Primärregelleistung“ hatte drei primäre Ziele, die weitgehend erreicht wurden:
- Das BSKW soll mit einer installierten Leistung von 5 Megawatt und einer Kapa-zität von 5 Megawattstunden errichtet werden.
- 5 Megawatt sollen für den Primärregelenergiemarkt präqualifiziert werden.
- Der Batteriespeicher soll erfolgreich am Primärregelenergiemarkt teilnehmen.
Ausführender Projektpartner war die Younicos AG, deren Kernkompetenzen in der Verknüpfung von unterschiedlichen Batterietechnologien und Leistungselektronik mithilfe von hochintelligenter Software sowie der Integration von Speichersystemen in Verbund- oder Inselnetze liegen.
Das BSKW wurde als alleinstehende Anlage so ausgelegt, dass es unabhängig von einem Kraftwerkspool betrieben werden kann und die Präqualifikationsbedingungen zur Teilnahme am Regelenergiemarkt erfüllt. Hierzu wurde eine eigens entwickelte Leistungs-Frequenzregelung implementiert, die der Regelungsstatik gemäß Transmission Code 2007 entspricht. Im Mittelpunkt dieser Leistungs-Frequenzregelung steht das Battery Power Plant Management System. Das BSKW Schwerin-Lankow ist vollständig in einem festen Gebäude untergebracht und über eine Mittelspannungsschaltanlage auf der Spannungsebene 20 Kilovolt mit dem angrenzenden Umspannwerk Schwerin-Lankow verbunden. Zur Sicherstellung des Eigenbedarfs befinden sich im Gebäude ein Eigenbedarfstransformator und eine Unterbrechungsfreie Stromversorgung. Die Gleichstrom-(DC)-Batterie selbst besteht aus modularen Einheiten, den sogenannten (Batterie-) Racks. Zur Sicherstellung einer hohen Anlagenverfügbarkeit sind insgesamt je zehn Racks auf einem Strang parallel zusammengeschaltet, die dann über einen bidirektionalen AC/DC-Umrichter und einen Trafo auf eine Wechselstrom-(AC)-Sammelschiene speisen.
Durch den Einsatz von BSKW ergibt sich eine direkte Umweltentlastung durch die Einsparung fossiler Brennstoffe (insbesondere Braun- und Steinkohle) bei der Erbringung von Regelarbeit. Darüber hinaus ergibt sich eine indirekte Umweltentlastung durch den Wegfall von Must-Run-Kapazitäten fossiler Kraftwerke. Eine überschlägige Rechnung ergab, dass durch den Einsatz des BSKW Schwerin-Lankow pro Jahr ca. 1.010 Tonnen CO2-Äquivalente direkt und ca. 691.800 Tonnen CO2-Äquivalente indirekt eingespart werden können.
Bei dem realisierten BSKW handelt es sich um ein „First-of-its-kind“-Projekt mit hohem innovativen Charakter. Insbesondere die Präqualifizierung eines BSKW für den Regelleistungsmarkt war zum damaligen Zeitpunkt einmalig in Deutschland. Modellcharakter hat auch die Möglichkeit zur Erweiterung des BSKW um weitere Anwendungsfälle wie z.B. Blindleistungskompensation, Schwarzstartfähigkeit oder neuartige Stromprodukte.