Innovatives, ressourceneffizientes Blankglühkonzept bei der Wärmebehandlung von Bändern aus Messing durch den Einsatz eines gasbeheizten HICON/H2-Vertikal-Blankglühofens
Kurzbeschreibung
Die traditionsreiche Messingwerk Plettenberg Herfeld GmbH & Co. KG stellt mit rund 135 Mitarbeitern qualitativ hochwertige Bänder und Rohre aus Messing- und Kupferlegierungen her. Um die von den weiterverarbeitenden Betrieben, z. B. aus der Elektro-, Automobil- und Sanitärindustrie, gewünschten Materialeigenschaften einzustellen, erfolgt nach der Bandherstellung durch Kaltwalzen von Bandguss eine Wärmebehandlung der Messingbänder in speziellen Glühöfen. Beim herkömmlichen Glühen unter Luftatmosphäre in horizontalen Bandschwebeöfen bilden sich Zinkoxidschichten auf den Messingbändern, die durch nachträgliches Beizen mit Chemikalien entfernt werden müssen. Gleichzeitig müssen die Bänder vor dem Glühen chemisch entfettet werden, um ölhaltige Oberflächenverunreinigungen aus dem Walzprozess zu entfernen. In der Summe werden so jährlich erhebliche Mengen an Chemikalien, wie Schwefel- und Salzsäure sowie Natronlauge eingesetzt und mehrere Tonnen Abfall aus der notwendigen Abwasseraufbereitung müssen entsorgt werden. Gleichzeitig sind der Glühprozess sowie der horizontale Bandtransport innerhalb der Öfen mit einem hohen Energieeinsatz und daraus resultierenden Kohlendioxidemissionen verbunden.
Die Messingwerk Plettenberg Herfeld GmbH & Co. KG hat sich daher zum Ziel gesetzt, durch die Errichtung eines neuartigen Blankglühofens zur Wärmebehandlung von Messingbändern zukünftig deutlich weniger Energie und Chemikalien einzusetzen. Im Unternehmen wurde ein neuartiger gasbeheizter Vertikal-Blankglühofen für die energieeffiziente Wärmebehandlung von Messingbändern errichtet. Die grundsätzlich neue Idee besteht darin, in einer wasserstoffdichten Glühmuffel ein Düsensystem zu integrieren, welches es erlaubt, Messingbänder vertikal und hochkonvektiv unter Schutzgasatmosphäre mit 70 Prozent Wasserstoff und 30 Prozent Stickstoff sehr rasch und bei kürzestmöglicher Ofenlänge zu glühen. Dabei lassen sich die Glühtemperaturen zur Einstellung der gewünschten Festigkeitsstufen genau regulieren. Aufgrund des hohen Reduktionspotentials des verwendeten Wasserstoffs im Zusammenhang mit der Hochkonvektion im Glühraum kann die bisherige Entfettung der Messingbänder vor der Wärmebehandlung vollständig entfallen. Weiterhin findet im Gegensatz zur üblichen Wärmebehandlung unter Luftatmosphäre beim neuen Konzept bei den gängigsten Glühtemperaturen keine Bildung von Zinkoxidschichten auf den Oberflächen mehr statt, wodurch die Nachbehandlung durch Beizen entfällt. Lediglich bei Temperaturen über 650oC kann die erhöhte Zinkausscheidung auch im neuen Ofen technisch nicht verhindert werden. Daher müssen diese Bänder mit einem Zinkanteil über 20 Prozent weiterhin im bestehenden horizontalen Bandschwe- beofen wärmebehandelt und vor bzw. nach dem Glühen chemisch entfettet bzw. gebeizt werden. Dies betrifft jedoch nur rund 8,5 Prozent der Gesamtproduktion.
Insgesamt ergeben sich durch die neuartige Wärmebehandlungsanlage im Vergleich zur Altanlage somit erhebliche Umweltentlastungen durch eingesparte Energiemengen in Höhe von jährlich 880 MWh Erdgas und 535 MWh Strom sowie durch Chemikalieneinsparungen von rund 6 Tonnen Schwefelsäure, 8 Tonnen Salzsäure und 11 Tonnen Natronlauge. So können rund 345 Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr ver- mieden werden. Zusätzlich bewirkt ein verbessertes Handlingkonzept der Bänder eine Verringerung des Schrottaufkommens in der Produktion und damit eine Materialeinsparung von 5 Prozent des jährlich eingesetzten Messings. Durch den geringeren Materialeinsatz ergeben sich unter Berücksichtigung der Vorketten zur Herstellung des Messings zusätzliche 1.690 Tonnen CO2-Äquivalente, die pro Jahr vermieden werden.
Für die verschiedenen Buntmetallhersteller in Deutschland besitzt das erfolgreich umgesetzte Vorhaben einen hohen Modellcharakter, weil die neuartige energieeffiziente Wärmebehandlungsanlage aus technischer Sicht neben Messing auch für andere gängige Buntmetall-Bänder aus Tombak, Neusilber, Bronze, Kupfer usw. einsetzbar ist.
Das Vorhaben wurde mit 836.000 EUR aus dem Umweltinnovationsprogramms des Bundesumweltministeriums gefördert.